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Bis zu meinem Geburtstag habe ich es geschafft

Ein Mann sitzt am Schreibtisch
Das Praktikum war für José Contreras-Quintero wichtig, um einen ersten Einblick in die deutsche Arbeitskultur zu bekommen. (Foto: Fachkraft im Fokus)

„Ich feiere in diesem Jahr meinen 40. Geburtstag. Bis dahin möchte ich in Deutschland auch beruflich ankommen. Jetzt habe ich ein gutes Gefühl“, gibt José Contreras-Quintero sein Ziel für die nächsten Monate bekannt, als wir uns in einem kleinen Café in der Kleinen Ulrichstraße in Halle treffen. Bis Oktober dieses Jahres hat er Zeit, dieses Ziel zu erreichen. Auch wenn er ein optimistischer und offener Mensch ist, sahen die Aussichten noch vor ein paar Monaten anders aus. Dem Geoingenieur aus Venezuela fiel es trotz langjähriger Berufserfahrung schwer, sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zurecht zu finden.

2016 kommt er mit einem Arbeitsvisum nach Deutschland. „Deutschland spielt schon seit vielen Jahren eine große Rolle für mich. Bereits 2012 habe ich einen Sommerkurs an der Martin-Luther-Universität in Halle besucht. Damals hatte ich einen Innovationspreis bei meinem Arbeitgeber in Venezuela gewonnen. Als Preis durfte ich mir in einem Land meiner Wahl einen Kurs aussuchen. Ich wollte nach Deutschland. In Halle hat es mir so gut gefallen, dass ich im Nachgang Urlaube in Deutschland verbracht habe. Eigentlich wollte ich an der Uni in Halle meine Doktorarbeit schreiben. Dies hätte mein damaliger Arbeitgeber unterstützt. Durch die Erdölkrise war dies nicht mehr möglich. Daher beantragte ich ein Visum bei der deutschen Botschaft, weil ich meine Zukunft in Halle gesehen habe“, erinnert er sich.

Die erste Zeit zurück in der Saalestadt ist schwierig, die Sprache und die anderen Gewohnheiten im Alltag. Doch José Contreras-Quintero kommt schnell wieder zurecht, auch weil er von den Mitmenschen Unterstützung erhält. Nur beruflich geht es nicht voran. Nachdem bereits drei Monate vergangen sind, kommt er über Empfehlungen zu Regionalberater Sandro Miritz. „Hier wurden mir die Augen geöffnet. Mir wurde erklärt, wie der deutsche Arbeitsmarkt funktioniert, wie man sich bewerben muss und was ich alles klären muss, um hier beruflich anerkannt zu sein. Ohne Fachkraft im Fokus wäre ich die nächsten Monate weiter planlos gewesen“. José Contreras-Quintero bekommt zahlreiche Tipps und die entsprechenden Ansprechpartner, um seine Abschlüsse übersetzen und bei der Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt anerkennen zu lassen. Außerdem empfiehlt ihm Sandro Miritz, den B1-Sprachtest zu machen. Ohne anerkanntes Sprachniveau ist es kaum möglich, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Um all diese Dinge hat sich José Contreras-Quintero in den letzten zwei Jahren gekümmert. Zusätzlich absolviert er eine Weiterbildung zum Umweltbeauftragten und die Ausbildereignungsprüfung. Nun heißt es, Berufserfahrung in Deutschland zu sammeln. José Contreras-Quintero sucht erneut die Unterstützung von Fachkraft im Fokus.

Über Willkommensbegleiter Waseem Aleed bekommt er die Möglichkeit für ein Praktikum bei den Stadtwerken Halle. „Die Stadtwerke Halle-Gruppe bedient ein breites Dienstleistungsangebot von der Energie- und Wasserversorgung über den öffentlichen Personennahverkehr, Wertstofferfassung, Abwasserbeseitigung, Abfallentsorgung, Straßenreinigung bis hin zu Bäderbetrieb und Stadtbeleuchtung. Die Karrieremöglichkeiten sind bei uns vielfältig. Aufgrund des Studiums und der bisherigen beruflichen Erfahrungen von Herrn Contreras-Quintero haben wir ihm ein Praktikum im Bereich Energieversorgung angeboten“, erinnert sich Daniel Bechstedt, Personalbereich Stadtwerke Halle GmbH. Im Oktober 2018 startet José Contreras-Quintero mit seinem Praktikum und übernimmt mit der Zeit mehr und mehr Aufgaben. Aus anfangs zwei zu betreuenden Projekten werden es am Ende zwölf. „Herr Contreras-Quintero denkt mit, stellt die richtigen Fragen und schaut auch über den Tellerrand. Ich habe schnell gemerkt, dass ich ihm Aufgaben übertragen kann und er sie selbstständig und erfolgreich umsetzt“, lobt ihn Barbara Gruber, Sachbearbeiterin Umweltschutz bei der EVH GmbH. So erarbeitet er u.a. eine neue Auflistung der genutzten Gefahrstoffe und führt eine Substitutionsprüfung durch oder erstellt eine Übersicht für die Kennzahlen der Energieeffizienz.

Nachdem Ende Februar 2019 das Praktikum beendet ist, blickt José Contreras-Quintero optimistisch in die Zukunft: „Ich habe in einem großartigen Team arbeiten dürfen und viel gelernt, fachlich aber vor allem habe ich einen Eindruck in die deutsche Arbeitskultur bekommen. Bei meinen bisherigen Bewerbungen hatte ich den Eindruck, dass ich nicht in die engere Auswahl gelangt bin, weil mir bisher Berufserfahrung in Deutschland fehlte“. Nun arbeitet er an seinem Ziel, endlich in Deutschland beruflich durchzustarten. Bis dahin, engagiert er sich ehrenamtlich bei der Freiwilligenagentur Halle. „Ich bin in der produktivsten Phase meines Lebens“, erklärt José Contreras-Quintero mit einem Lächeln, „Da wo ich lebe, möchte ich mich einbringen. Deshalb unterstütze ich die AIDS Hilfe oder gebe Nachhilfeunterricht für Flüchtlinge. Jetzt hoffe ich, dass ich dies auch im Berufsleben zeigen kann. Dank Fachkraft im Fokus bin ich dafür nun bestens vorbereitet. Initiativen wie Fachkraft im Fokus sind für uns Migranten so wichtig und sollten von Anfang an, Fachkräfte aus dem Ausland begleiten. Nicht nur wegen der vielen Tipps und Unterstützung, sondern weil man sich nicht allein fühlt“.